Der Rebound-Effekt: Störendes Phänomen bei der Steigerung der Energieeffizienz

Sparsamere Autos fahren und trotzdem mehr Sprit konsumieren – wie kann das sein?

In den letzten Jahrzehnten gab es große Fortschritte bei der technischen Entwicklung im Hinblick auf Energieeffizienz. So verbrauchen Autos heute deutlich weniger Benzin, unsere Häuser sind zunehmend besser isoliert und im Vergleich zu 1990 benötigen Flugzeuge circa 40% weniger Kerosin pro Passagier (vgl. Flugrevue 2015). Trotz dieser Fortschritte, verbrauchten die Deutschen im Jahr 2015 mehr Kraftstoffe als zehn Jahre zuvor (vgl. Umweltbundesamt 2018).

In der Energieökonomik spricht man vom Rebound-Effekt, wenn erhöhte Effizienz nicht im selben Maße zu absoluten Einsparungen von Energie führt. Dieser Effekt kann in allen Bereichen des Lebens auftreten und wird häufig vernachlässigt, wenn abgeschätzt wird, wie stark moderne Technologien zu sinkendem Energieverbrauch führen sollen.

In der Literatur wird meistens zwischen direktem und indirektem Rebound-Effekt sowie dem makroökonomischem Rebound-Effekt unterschieden (vgl. Madlener/ Alcott 2011: 4)

Der direkte Rebound Effekt lässt sich am folgenden Beispiel erklären: Eine Studentin ersetzt ihre Glühlampen durch sparsame LED-Birnen, um Energie zu sparen. Weil sie es als angenehmer empfindet und durch die moderne Technologie schließlich weniger Strom verbraucht wird, entscheidet sie sich direkt mehrere neue Lampen zu installieren und diese abends nicht immer auszuschalten. Statt der erwarteten 80% Einsparung durch die effizientere Technologie, spart sie am Ende nur 50% Strom ein.

Der absolute Rebound-Effekt liegt in der Regel allerdings noch höher, als der direkte Rebound-Effekt alleine, denn die absolute Energieeinsparung wird außerdem durch den indirekten Rebound-Effekt reduziert: Hat die Studentin es geschafft, weniger Strom verbrauchen, bleibt am Ende des Jahres mehr Geld übrig für andere Sachen – zum Beispiel für eine Flugreise nach Spanien. Dieser Urlaub führt zu Energieverbrauch im Sinne von Kerosin-Verbrauch (vgl. Madlener/ Alcott 2011: 8).

Wie stark der Rebound ausgeprägt ist, hängt von vielen Faktoren ab und ist nicht selten schwierig zu quantifizieren. Der indirekte Rebound-Effekt tritt besonders stark auf, wenn ungesättigte Bedürfnisse bestehen. Dies könnte zum Beispiel der Wunsch nach einem Fernseher, einer größeren Wohnung oder einem eigenen Auto sein. Neben einkommensschwachen Gruppen, wie der Studentin in Deutschland, haben insbesondere Bürger in Entwicklungs- und Schwellenländern viele ungesättigte Bedürfnisse – man kann daher davon ausgehen, dass zusätzlich verfügbares Einkommen in diesen Ländern zum großen Teil in Konsumgüter fließt, die direkt oder indirekt zu erhöhtem Energieverbrauch führen (vgl. Madlener/ Alcott 2011: 43).

Zuletzt gibt es den makroökonomischen Rebound-Effekt, da eine reduzierte Nachfrage zu niedrigeren Preisen führt. Würden alle Deutschen Strom sparen, könnten die Strompreise, gemäß der Theorie von Nachfrage und Angebot, sinken und aufgrund des niedrigeren Preises würde wieder mehr davon konsumiert (vgl. Madlener/ Alcott 2011: 20).

Aus den genannten Beispielen wird offensichtlich, dass steigende Effizienz weniger zu einem absolut sinkenden Verbrauch beiträgt, als zu einem verbesserten Lebensstandard. Die Studentin aus dem genannten Beispiel hat möglicherweise am Ende wenig Energie eingespart, allerdings ist es in ihrer Wohnung heller und gemütlicher und nicht zuletzt hat sie sich durch ihren Urlaub für das kommende Semester erholt.

Aber was kann aus der Erkenntnis gewonnen werden, dass eine Effizienzsteigerung nicht zu gleichwertiger Energieeinsparung führt?

Zunächst ist es wichtig, den Rebound-Effekt beim Abschätzen zum Effekt von Maßnahmen zur Steigerung von Energieeffizienz oder bei der CO2-Reduktion zu berücksichtigen. Selbst renommierte Studien, wie der Stern-Report, sowie Berichte der Internationalen Energie Agentur oder den Vereinten Nationen berücksichtigen den Rebound-Effekt nur unzureichend oder überhaupt nicht. Daher sind beispielsweise Klimaschutzmaßnahmen oft weniger effektiv als erhofft (vgl. Madlener/ Alcott 2011: 8).

Um den Energie- und Ressourcenverbrauch und dadurch verursachte Emissionen insgesamt zu senken, sind, zusätzlich zu Effizienzsteigerungen, andere Maßnahmen erforderlich. Man kann beispielsweise die Steuern eines Produkts soweit erhöhen, dass der Preis trotz Effizienzsteigerung nicht sinkt. Die EEG-Umlage – eine Verbraucherabgabe zur Förderung von Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen – weist diesen Effekt zum Beispiel beim Strom auf. Durch die dadurch steigenden Strompreise muss die bereits erwähnte Studentin tatsächlich Energie einsparen, damit ihre Lebenshaltungskosten konstant bleiben. Bewusst eingesetzt werden solche Maßnahmen beispielsweise außerdem bei der Besteuerung von Benzin, wo die sogenannte Ökosteuer eine Lenkungswirkung erzielen soll. Außerdem kann ein Strukturwandel in Richtung Dienstleistungssektor helfen, den Ressourcenverbrauch nachhaltig zu reduzieren – genauso wie der Einsatz erneuerbarer Energien.

Die zweifellos effektivste Maßnahme ist jedoch Suffizienz, also der Verzicht auf Konsum. Dass eine nachhaltige Entwicklung mit Wohlstandsverlusten einhergehen kann, wird in der politischen Debatte allerdings nur selten offen ausgesprochen.

Eine der wichtigsten aktuellen Fragen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung lautet daher: Lassen sich Ressourcenverbrauch und Wirtschaftswachstum voneinander entkoppeln? Der Rebound Effekt trägt jedenfalls seinen Anteil dazu bei, dass an dieser Aussage gezweifelt werden kann.

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Literatur

Flugrevue (Hg.) (2015): Deutsche Airlines verbrauchen 3,64 Liter pro Passagier und 100 Kilometer. In: Flugrevue, 29.07.2015. Online verfügbar unter: https://www.flugrevue.de/zivilluftfahrt/airlines/deutsche-airlines-verbrauchen-364-liter-pro-passagier-und-100-kilometer/639698 [Zugriff: 10.06.2018].

Madlener, R./ Alcott, B. (2011): Herausforderungen für eine Technisch-Ökonomische Entkopplung von Naturverbrauch und Wirtschaftswachstum. Unter besonderer Berücksichtigung der Systematisierung von Rebound-Effekten und Problemverschiebungen. Berlin: Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ des Deutschen Bundestages (Hg.).

Umweltbundesamt (Hg.) (2018): Endenergieverbrauch und Energieeffizienz des Verkehrs. In: Umweltbundesamt, 14.05.2018. Online verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/daten/verkehr/endenergieverbrauch-energieeffizienz-des-verkehrs#textpart-1 [Zugriff: 10.06.2018].

 

Weiterführende Literatur

Santarius, T. (2012): Der Rebound-Effekt. Über die unerwünschten Folgen der erwünschten Energieeffizienz. Wuppertal: Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH (Hg.).

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