„Die beste Methode, das Leben angenehm zu verbringen, ist, guten Kaffee zu trinken. Und wenn man keinen haben kann, so soll man versuchen, so heiter und gelassen zu sein, als hätte man guten Kaffee getrunken.“ – Jonathan Swift
In jeder frühen Vorlesung, wenn ich mich mit meinem geliebten Coffee-to-go auf die Hörsaalbank zwänge, beschwert sich mein bester Freund über den Kaffeegeruch. Jedoch gehört er als bekennender Nicht-Kaffee-Trinker zu einer Minderheit in Deutschland, denn die Deutschen zählen zu den Top Five der europäischen Kaffeekonsumenten. Außerdem trinken sie sogar größere Mengen Kaffee als Bier oder Wasser. Das bedeutet, dass in Deutschland jährlich etwa 650 Tassen Kaffee pro Person konsumiert werden, wovon jede circa 90 Milligramm Koffein enthält (vgl. Warnecke 2018). Aber was genau ist das für eine Substanz, die wir als Wachmacher schätzen? Was bewirkt das Koffein in unserem Körper? Und bleiben Teetrinker von diesem Stoff verschont?
Natürlicher Ursprung – wirkungsvolle Chemie
Koffein ist eine natürliche Substanz, die in der Kaffeebohne vorkommt. Weiterhin findet sie sich auch in zahlreichen anderen Pflanzen, wie Tee, Mate oder der Kolanuss. Lange Zeit wurde vermutet, dass in Tee eine andere Substanz, Teein, enthalten ist. Allerdings ist heute bekannt, dass es sich auch hierbei um Koffein handelt, wobei in einer Tasse Tee nur etwa halb so viel Koffein enthalten ist wie in einer Tasse Kaffee (vgl. European Food Safety Authority 2017: 1ff.).
Aus chemischer Sicht gehört Koffein zu den Alkaloiden. Das heißt, es ist eine Base, bestehend aus einem Kohlenstoffring, in dem auch Stickstoff eingebunden ist. Die Einnahme von Alkaloiden verursacht häufig starke körperliche Reaktionen. Bekannte Alkaloide sind beispielsweise Nikotin, Kokain oder Morphin (vgl. Mortimer et al. 2014: 585).
Ein Molekül für Hausarbeiten, Klausurphasen und schlaflose Nächte
Um zu verstehen, warum das Koffein als Wachmacher bekannt ist, soll zunächst das Müdigkeitsgefühl betrachtet werden: Unser Körper verbraucht ständig Energie, egal ob wir schlafen, die Nacht zum Lernen nutzen oder Sport treiben. Bei den energieverbrauchenden Prozessen entsteht in den Körperzellen die Substanz Adenosin. Diese Adenosin-Moleküle docken an Rezeptoren an. Bei einer hohen Konzentration an Adenosin wird hierdurch dem Körper „Müdigkeit“ signalisiert und es folgt eine Beruhigungsphase der Zelle. Doch Koffein kann diese Rezeptoren austricksen: Da die chemische Struktur von Koffein sehr ähnlich zu der des Adenosins ist, können auch Koffeinmoleküle die Adenosinrezeptoren besetzten. Entsprechend kann an diesen blockierten Rezeptoren dann kein Adenosin mehr andocken und es kommt nicht zur Entspannungsphase. Somit wird kein Müdigkeitsgefühl vermittelt (vgl. Fredholm 1995: 93ff.).
Weiterhin wird durch das Koffein die Ausschüttung von Stresshormonen, zum Beispiel Adrenalin und Cortisol, angeregt. Dies führt zu einer Erhöhung von Puls und Blutdruck. Diese Effekte werden bei mäßigem Koffeinkonsum als anregend empfunden, da Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit erhöht werden. Bei sehr hohen Koffein-Dosen können unerwünschte Wirkungen, wie Zittrigkeit oder Herzrasen auftreten. Für eine toxische Wirkung würde allerdings eine Menge von über 500 Milligramm Koffein benötigt und selbst die größten Kaffeeliebhaber trinken die hierfür benötigten acht Tassen Kaffee nicht schnell genug hintereinander (vgl. Fredholm 1995: 93ff.; European Food Safety Authority 2017: 1ff.).
Außerdem variiert die Wirkung des Koffeins bei jedem Menschen, abhängig beispielsweise vom persönlichen Stoffwechsel. Etwa 15 bis 120 Minuten nach dem Konsum von einer Tasse Kaffee wird ein Maximum von 0,5 bis 3 Milligramm pro Liter Koffein in den Körperflüssigkeiten erreicht (vgl. Bayer et al.: 20f.; Fredholm 1995: 93ff.). Um diese hohe Koffeinkonzentration für den Start in den Tag auszunutzen, erscheint es sinnvoll, nach dem Aufstehen als erstes Kaffee zu trinken. Doch wissenschaftliche Studien kommen zu anderen Ergebnissen:
Nach dem Aufstehen wird vom Körper automatisch eine große Menge Cortisol ausgeschüttet, sodass etwa eine halbe Stunde nach dem Wachwerden ein Konzentrationsmaximum an Cortisol vorzufinden ist. Dies sorgt für ein „Wach-Gefühl-Maximum“, welches durch die Koffeineinnahme nahezu nicht mehr erhöht werden kann. Somit wird die gewünschte wachmachende Wirkung durch den Kaffee nicht ausgenutzt. Daher ist es sinnvoller, den morgendlichen Kaffee später zu trinken, nämlich erst eine Stunde nach dem Aufwachen. Denn dann kann das Koffein zusätzlich zu dem körpereigenen Wachmacher, dessen Konzentration sodann schon gesunken ist, wirken. Durch diese Kombination wird ein optimaler anregender Effekt erzielt (vgl. Lovallo et al. 2005: 734ff.).
Natürlich zeichnet sich ein guter Kaffee neben der Wirkung auch durch das Aroma aus. Lange Zeit wurde vermutet, dass das Kaffeearoma durch eine bestimmte Substanz verursacht wird. Jedoch ist seit 1995 bekannt, dass es sich um über 1000 Aromastoffe handelt. Hiermit ist Kaffee sogar eines der aromareichsten Nahrungsmittel. Allerdings wird das typische Empfinden nur von circa 25 Aromasubstanzen beeinflusst. Diese variieren je nach Sorte und Röstung und sind somit das Geheimnis eines jeden Kaffeeherstellers (vgl. Bayer et al. 1997: 16).
Verwendet wird der Samen der Kaffeepflanze: die Kaffeebohne. Die rohe, getrocknete Bohne enthält zwar Koffein, allerdings nahezu keine Aromastoffe und schmeckt demnach nicht. Daher muss die grüne Kaffeebohne geröstet werden: Die Bohnen werden auf Temperaturen von 250 °C erhitzt, wodurch wichtige chemischen Reaktionen zur Bildung der Aromastoffe ablaufen (vgl. Bayer et al. 1997: 11f.).
Während des Röstvorgangs sinkt das Gewicht der Bohne, allerdings nimmt ihr Volumen deutlich zu. Die Gewichtsabnahme kann auf das Verdampfen einiger Substanzen, wie zum Beispiel Wasser zurückgeführt werden. Um die Volumenzunahme zu erklären, lohnt sich eine Betrachtung des Bohneninnenraums. Hier findet sich ein Zellverband, in dem Zellwände die Zellen voneinander abtrennen. Somit kann jede Zelle als ein kleines Chemielabor betrachtet werden. In diesem Labor laufen durch die Wärmezufuhr Reaktionen ab. Schon ab einer Temperatur von 60 °C beginnen sich Inhaltsstoffe aus der Zellwand zu lösen, sodass die Wand im Verlauf des Röstens durchlässig wird. Bei 100 °C bilden sich Gase, beispielsweise verdampft das Wasser. Außerdem laufen Prozesse ab, die auch beim Backen oder Braten relevant sind: die sogenannte Maillard-Reaktion. Hierbei werden aus Aminosäuren und Zuckern Stoffe gebildet, die für das Aroma und die braune Färbung verantwortlich sind (vgl. Mottram et al. 2002: 448).
Ab ca. 150 °C entstehen Säuren, die für den typischen Kaffeegeschmack wichtig sind. Außerdem haben sich durch die fortlaufenden Reaktionen größere Mengen zweier Gase gebildet: Kohlenstoffmonoxid und Kohlenstoffdioxid. Aufgrund dieser Gase erhöht sich der Druck in der Bohne auf bis zu 20 bar. Manche Zellen platzen, wenn sie diesen hohen Druck nicht mehr aushalten können. Dies ist als Knacken hörbar. Allerdings laufen durch die Druckerhöhung auch die erwünschten chemischen Reaktionen schneller ab, sodass das typische Aroma entsteht. Wenn die Bohnen eine Temperatur von 200 °C erreicht haben, sind ihre Wände so durchlässig geworden, dass Kaffeeöle austreten können. Bei Erreichen von 250 °C werden die Bohnen möglichst schnell abgekühlt, wodurch sich die laufenden chemischen Reaktionen verlangsamen und schließlich ganz stoppen. Bei einer zu starken Erhitzung würden bereits gebildete Aromastoffe durch weitere Reaktionen zerstört. Somit ist auch das Abkühlen wichtig, um einen entsprechend guten Geschmack zu gewährleisten (vgl. Bayer et al. 1997: 16; Matissek/ Baltes 2016: 558ff.).
Bewusster Konsum?
Neben dem Genuss des erwünschten Geschmacks, konsumieren die meisten Menschen Koffein im Kampf gegen die Müdigkeit. Die Aufnahme dieses anregenden Alkaloids kann hierbei durch Kaffee erfolgen, jedoch gibt es auch zahlreiche andere Lebensmittel, die Koffein enthalten. Ein regelmäßiger oder erhöhter Konsum kann aber unerwünschte körperliche Auswirkungen haben, beispielsweise wenn Betroffene nach Koffeinentzug Beschwerden verspüren. Allerdings handelt es sich hierbei meist um harmlosere Leiden, wie zum Beispiel Kopfschmerzen, die zeitlich begrenzt sind. Eine toxische Wirkung tritt bei einem gesunden Menschen durch konsumübliche Mengen nicht auf (vgl. Juliano/ Griffiths 2004: 1ff.).
Doch gibt es abseits hiervon nicht noch weitere Gründe, die den Kaffeekonsum so populär machen? Das Zusammensitzen mit Freunden erscheint mit einer Tasse Kaffee gemütlicher, genauso wie das sonntägliche Kaffeetrinken mit der Familie vom Röcheln der Kaffeemaschine geprägt ist. Und auch die Frage „Hast du Lust ein Wasser mit mir trinken zu gehen?“ ist selbst für Teetrinker selten eine reizvolle Einladung zum Kennenlernen.
Aufgrund der verschiedenen Bedürfnisse werden unterschiedlichste Kaffeegetränke konsumiert. Somit ist eine Variation der genauen Bedingungen des Röstens wichtig, um die unterschiedlichen Aromen und Eigenschaften des Kaffees zu beeinflussen. Doch der hohe Kaffeekonsum hat darüber hinaus weitreichende Auswirkungen: Weltweit arbeiten etwa 25 Millionen Menschen dafür, dass der fertige Kaffee den Konsumenten erreicht, von Anpflanzung und Ernte über die Röstung bis hin zum Vertrieb. Häufig ist jedoch der Weg der Kaffeebohne mit Ausbeutung der Natur und des Menschen verbunden. Insbesondere die Kaffeebauern erhalten meist sehr geringe Löhne. Weiterhin wirkt sich der Anbau negativ auf die Natur aus. Beispielsweise durch Rodungen von Waldstücken, wenn neue Plantagen angelegt werden oder durch den Einsatz von Pestiziden (vgl. Eicheler 1938: 2ff.). Somit sollte sich der Konsument seiner Verantwortung bewusst sein und auf die Handlungs- und Anbaubedingungen des Kaffes achten, da hier bedeutende Unterschiede bestehen.
Doch kennen die meisten Studenten die Erfahrung, dass lange Tage in der Bibliothek während der Klausurphase sich besser ertragen lassen, wenn sie von Kaffeepausen durchbrochen sind. Diese lassen sich jetzt versüßen, indem man die Kommilitonen währenddessen mit Kaffeehintergrundwissen versorgt.
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Literatur
Bayer, J. et al. (1997): Faszination Kaffee. Köln: Quarks Skript.
Eicheler, O. (1938): Kaffee und Koffein. Berlin, Heidelberg. Springer Berlin Heidelberg.
European Food Safety Authority (Hg.) (2017): Koffein. Parma: Amit für Veröffentlichungen.
Fredholm, B. (1995): Adenosine, Adenosine Receptors and the Actions of Caffeine. In: Pharmacology & Toxicology. 76. Jg. 1995/2. S. 93–101.
Juliano, L./ Griffiths, R. (2004): A critical review of caffeine withdrawal: Empirical validation of symptoms and signs, incidence, severity, and associated features. In: Psychopharmacology. 176. Jg. 2004/1. S. 1–29.
Lovallo, W. R. et al. (2005): Caffeine Stimulation of Cortisol Secretion Across the Waking Hours in Relation to Caffeine Intake Levels. In: Psychosom Med. 67. Jg. 2005/5. S. 734–739.
Matissek, R./ Baltes, W. (2016): Lebensmittelchemie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.
Mortimer, C. et al. (2003): Chemie: Das Basiswissen der Chemie. Stuttgart: Thieme. 11. Auflage 2014.
Mottram, D. et al. (2002): Acrylamide is formed in the Maillard reaction. In: Nature. Jg. 419. 2002/6906. S. 448–449.
Warnecke, B. (2018): Kaffeewissen. In: Deutscher Kaffeeverband. Online verfügbar unter: www.kaffeeverband.de/de/kaffeewissen [Zugriff: 25.04.2018].