Lieber Leser_innen,
die gegenwärtige Stadt weist ein beispielloses Wachstum auf: Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Städten und bis 2030 wird ein Anstieg auf 5 Milliarden Menschen erwartet. Damit sind zahlreiche Herausforderungen verbunden, die in Zeiten der rasant fortschreitenden Globalisierung zunehmend an Komplexität gewinnen. Als Dreh- und Angelpunkt anthropogener Einflüsse stellt die Stadt ein hochkomplexes Wirkungsgefüge zwischen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Faktoren dar.
Stadt wird sowohl als Lebens- als auch als Arbeitswelt verstanden, als Heimat und Fremde zugleich. Der Drang nach einem urbanen Leben offenbart die Sehnsucht nach Individualisierung, Autonomie, nach Öffentlichkeit und Gemeinsamkeit. Zwischen Sehnsuchtsort und Flüchtigkeit wird das Leben in der Stadt von kultureller Vielfalt bestimmt und kennzeichnet das Zentrum menschlicher Interaktion. Dabei gehen Distanz und Entfremdung, Vereinzelung und Gemeinschaft Hand in Hand.
Stadt & Mensch: „Die Städte aber wollen nur das Ihre“, wie Rilke 1903 bezeichnend schrieb. Was macht eine Stadt besonders, was kennzeichnet ihr Alleinstellungsmerkmal? Zwischen Distanz und Nähe, Vereinzelung und Gemeinschaft liegt das urbane Dilemma: Ein Kampf gegen die Entfremdung. Geprägt vom technologischen Fortschritt wandelt sich auch das Leben in der Stadt – mit dem Ziel, ebendieses nachhaltiger und komfortabler zu gestalten: Ein schmaler Grat zwischen Freiheit und Macht.
Stadt & (Um-)welt: Das hochkomplexe Wirkungsgefüge und die zahlreichen diversen Einflüsse, denen eine Stadt ausgesetzt ist, erhöht auch das Risiko für die damit einhergehenden Gefahren. Kann eine Stadt robust und widerstandsfähig auf Störungen reagieren? Als dominierender Lebensraum des Menschen sind die anthropogenen Einflüsse entsprechend bedeutend – es bedarf Schutzmechanismen, die ein lebenswertes Leben in der Stadt in Zeiten des Klimawandels und der Ressourcenverknappung gewährleisten können. Bedeutende Umweltbelastungen sind beispielsweise neben der verstärkten Feinstaubbelastung auch die erhöhte Lärmbelastung sowie die mit einem zunehmenden Bevölkerungswachstum einhergehende Flächeninanspruchnahme. Mobilität bleibt ein relevantes Thema für die Zukunft der Städte. Der Ausbau von Straßen und Parkflächen erhöht das Verkehrsaufkommen proportional. Können Radfahren und Sharing-Angebote die Flächennutzung nachhaltig und effizient gestalten?
Stadt & Gesellschaft: Neben dem alltäglichen Leben in der Stadt gilt es ebenso, selbiges bewusst zu gestalten, wahrzunehmen und aktiv darin teilzunehmen. Dabei haben Bürger_innen häufig die Möglichkeit, an Entscheidungsprozessen mitzuwirken und mitzubestimmen. Kennzeichnet diese Beteiligung eine wahre Demokratie oder eine Illusion von Partizipation? Bezeichnet als Gentrifizierung wird das städtische Bild zwischen Aufwertung und Verdrängung durch Umstrukturierungsprozesse geprägt – forciert durch wirtschaftliche und politische Akteure. Diesen Aufwertungsprozessen steht die Anonymität der Stadt entgegen: Zwischen Verwahrlosung und Dunkelheit wirkt die Stadt nicht nur als Sehnsuchtsort, als Zentrum der Selbstverwirklichung, sondern auch als Angstraum.
Was ist einer Stadt, dem dominierenden Lebensraum der Menschen, immanent? Was ist Stadt?
Wir freuen uns, diese und weitere Fragen sowie Problemstellungen mit euch teilen zu können und präsentieren euch nun die siebte philou. Durch den Fokus auf die Diversität und Interdisziplinarität der Themen wollen wir zeigen, dass das inneruniversitäre Gespräch eine der höchsten Prioritäten im Studium genießen muss. Wir wollen euch hiermit Anreize zu neuen Überlegungen liefern und hoffen, dass euch die siebte Ausgabe genauso gefällt wie uns!
Eure philou. Redaktion